Dienstag, 3. März 2015

Never ending Pechsträhne




4 Wochen nachdem wir unser Wunschbaby doch gehen lassen mussten, verlor mein Mann nach 10! Jahren  aus betrieblichen Gründen seinen Job, in dem er immer fleißig, pünktlich und zuverlässig gewesen ist. In 10! Jahren war er einmal krank für 5 ganze Tage.


Doch das war noch nicht das schlimmste. Der Chef  bot meinem Mann an, ihn den Rest des Monats zu beurlauben, dass dies unentgeltlich geschehen sollte, las er erst später im Kleingedruckten.


 Der Chef hatte meinen Mann total überrumpelt und ihm unter Zeugen einen Aufhebungsvertrag untergejubelt. Von einem Tag auf den anderen keine Arbeit mehr, kein Lohn mehr. Keine Abfindung und erst Recht kein Arbeitslosengeld.


Innerhalb kurzer Zeit fühlten wir uns  erneut in unserer Existenz bedroht.


Und all der Kummer des verlorenen Babys kam wieder „ hoch“, weil alles so kurz hintereinander passierte.


Ein einziger Alptraum. Wir dachten wir verlieren nun auch unser Häuschen. Und was wenn mein Schatz nicht rechtzeitig einen neuen Job findet. Wovon sollen wir leben? Wie


sollen wir die kommenden Icsis bezahlen?


Von der Ungerechtigkeit und Kälte seines alten Chefs mal ganz zu schweigen.


Wir fühlten uns einfach nur noch leer.


Und genau in dieser Zeit, schossen meine Überstunden total in die Höhe. Mir war nur noch nach Ruhe, stattdessen gab ich einen freien Tag nach dem anderen her nicht wissend was in Zukunft mit uns geschieht.  Dieser  Papierkrieg mit dem Amt, die ganzen Bewerbungen – es war ein graus. Dann die Termine mit dem Anwalt, doch noch zu versuchen zu seinem Recht zu kommen. Nur Stress.


Und was wird man bei nur stress? Richtig! Nicht schwanger!


 


Wir lieben unsere Haustiere, wie jeder andere auch und  hatten mal acht Pfirsichköpfchen und drei Halsbandsittiche. In dieser sowieso schon schweren Zeit mussten wir fast wöchentlich von insgesamt vier Pfirsichköpfchen Abschied nehmen .Die Vogelspezialistin konnte keinen Virus und nix feststellen. Es gab einfach keine Erklärung dafür, und diese Erkenntnis kostete auch noch einmal grobe 200 Euro.


Unter den vier Pfirsichköpfchen  war auch mein absoluter Liebling Schuschu, deswegen nenne ich mich hier auch so. Schuschu war ein Weibchen und wollte immer brüten, baute Nester wie am Fließband und legte auch Eier. Nur egal, wen ich ihr als Partner in die Voliere setzte, keiner eroberte ihr Herz.


Wir rissen uns beide Beine aus, kauften extra aus Süddeutschland bei einem renommierten Züchter  potentielle Heiratskandidaten für Schuschu, alles vergebens.


Dreimal kam ich total übermüdet  von der Arbeit heim und wollte nur noch Ruhe haben. Drei mal sagte mein Mann mir, dass schon wieder ein Pfirsichköpfchen gestorben sei. Jedes Mal dachte ich nicht mehr in der Lage zu sein, noch weitere schlechte Nachrichten aufnehmen zu können. Beim vierten Mal war es dann  mein Schuschu  der es nicht geschafft hatte und ich war wieder total traurig.


Alles fühlte sich so kompliziert und schwer an, als wenn man eine Bleiweste trug. Man kam innerlich gar nicht mehr zur Ruhe.


 


Wir wollten nur noch ausspannen und ich ersehnte meinen Urlaub.


Auf der Arbeit ging alles schief. Mir vielen Stapelweise Gläser runter und ich schnitt mir in die Hand, als ich nur noch schnell netterweise nach Feierabend Getränke verteilen wollte. Die Gläser brachen in 1000 Stücke. Ich habe ewig gebraucht Besen und Schaufel ausfindig zu machen und mindestens noch einmal genauso lange, um alles so zu säubern, dass sich niemand mehr verletzen konnte.


Dann kam ich nach Hause und mein Mann erzählte mir, dass er einen Antrag stellen müsse, ob er in den Urlaub dürfe oder wenn er in eine andere Stadt will. Das hat mir den Rest gegeben. Diese Erniedrigung als hätte man was verbrochen. Mir tut jeder, der unverschuldet in so eine Situation gerät echt leid.


Teilweise kommt man sich vor, wie ein Schwerverbrecher.


Also da auch noch einmal Seele aufs Tablett gelegt und erklärt warum wir den Urlaub brauchen.


Großzügigerweise bekamen wir nachdem wir schon nicht mehr dran glaubten,4 Tage bevor ich meinen letzten Urlaubstag hatte grünes Licht vom Arbeitsamt.


In der Zwischenzeit warteten wir in einem Cafe an meinem einzigen freien Tag über 45 Minuten darauf ,dass jemand unsere Bestellung annimmt ,dann hatten wir die Nase voll und gingen.


Frühstück gestrichen, dann eben Mittagstisch bei einem Schlachter.


Ich entschied mich für Krustenbraten, klang lecker. Roch lecker.


Normalerweise, wenn Du dich in so eine Reihe anstellst bekommt der vor dir Kruste und der nach Dir knusprige Kruste und du selbst natürlich nicht, nach dem Einteilungsprinzip und zwar egal wo du in der Schlange stehst und fand mich damit ab.


Doch ich bekam auch welche!


Was ich nicht bekam war noch am selben Tag einen Zahnarzttermin, da mir allen Ernstes ein sichtbarer Eckzahn abbrach.


Völlig entnervt fuhren wir wieder nach Hause.


An meinem 40. Geburtstag machte ich keine Feier. Ich wollte nicht.Seit wir unser Baby verloren haben ging einfach soviel schief, dass ich nicht in der Stimmung war. Ich ließ diesen Tag einfach sausen und pfiff auf alles.


Wir wollten nur noch weg, nicht nach New York, das ging ja auch gar nicht. Jetzt ja erst Recht nicht mehr.


Aber ein paar Tage an den Rhein und wie Oma und Opa spazieren gehen, zur RUHE kommen!


Vorher durften wir uns bei „so genannten Freunden“ noch rechtfertigen, wie wir uns das denn leisten können.


Ich hätte ihnen ins Gesicht springen können!!!


Stattdessen rutschte ich am letzten Arbeitstag abends zur Spätschicht noch einmal ordentlich aus und brach mir fast den Hals. Eine Bewohnerin hatte „Flüssigkeit“ verloren, die ich nicht gesehen hab.


Es blieb nur bei einem Schreck. Trotzdem fühlte es sich an, als wäre alle Welt gegen uns.


Erst recht als ich endlich im Auto saß nach Feierabend und mir beim erzählen, wie ich gerade voll ausgerutscht sei, das mühselig zusammengefriemelte Zahnprovisorium erneut abbrach.


Ich sah aus wie „Karl A….“.


Die Autofahrt zum Rhein nutze ich um laute Musik zu hören, Rockmusik!


Ich höre so was normalerweise gar nicht, brauchte aber etwas um mich abzureagieren! Mein Schatz hört so was auch nicht und war nach der stundenlangen Fahrt nicht nur leicht verstört sondern auch vorübergehend taub.


Die ersten Nächte im Urlaub hatte ich nur Alpträume, weil meine Seele erst einmal ordentlich nachzuholen hatte, was in den letzten Monaten alles passiert war.


Als endlich meine Augenringe kleiner wurden mussten wir auch schon wieder los.


Schön war es trotzdem.


Auch wenn es ausgerechnet bei „Rhein in Flammen „ in St. Goar beim wundervollen Feuerwerk  Stunden aus Eimern goss, als gäbe es keinen morgen mehr.


Wir saßen auf einer Mauer und blieben eiskalt sitzen, zusammengekauert unter einem kleinen Schirm.


Wir hatten die Nase voll, davon dass immer alles schief zu gehen drohte und holten uns ne Flasche Federweißer und aßen Schweinebraten (ohne Kruste!!!) vom Pappteller mit Plastikgabel.


Dadurch erlebten wir den ersten glücklicheren Abend seit langem.


Und der war so was von romantisch!


Die Pechsträhne, hatte uns viel Kraft und Nerven gekostet.


Wir hatten nichts dagegen, das diese sich endlich aufzulösen schien!


Und so konnte ich endlich mal wieder aus vollem Herzen lachen, auch mit abgebrochenem sichtbarem Eckzahn.


War mir doch egal! Ich kannte ja eh niemanden und außerdem war ich verheiratet :))))


 


Es folgten wenige Wochen später noch ein Autounfall, wo uns mitten auf der Autobahn das Getriebe und die Kupplung herausgebrochen sind. Wir blieben großzügigerweise unverletzt. Die Rechnung von über 1200!!!Euro Reparaturkosten tat trotzdem höllisch weh. Kostbares Geld, wovon wir eigentlich jeden Euro für die Kinderwunschbehandlung bräuchten.


Drei mal rief die Werkstatt an und fragte, ob wir die Reparatur wirklich wollten bei so einem alten Wagen.


Wir hatten keine Wahl. Wir leben auf einem schönen „Kuhdorf“, sind auf ein Auto angewiesen. Für ein neues Auto fehlt uns das Geld.


Überhaupt fehlt uns für so vieles in letzter Zeit das Geld. Alles geht für die Behandlung drauf.


 



Unsere Gehirne hingen schon am seidenen Faden und trotzdem steuerten wir (zum Glück ahnungslos) direkt auf das nächste Unglück zu.

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