Die paar Tage Urlaub waren
nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ich musste mir ziemlich schnell
eingestehen, dass er nicht die gewünschte Erholung gebracht hatte, wie erhofft.
Und so sah ich ein, dass es
so nicht weitergehen kann. Ich war am Ende meiner Kräfte und ich wünschte mir
Hilfe.
Tjia,es gibt Menschen, die
gibt es gar nicht.
Zum allerersten Mal in meinem
Leben wurde mir irgendwie alles zuviel. Ich brauchte eine kleine Pause.
Ich wünschte mir mal eine
Runde auszusetzen auf diesem fu…. Lebenskarussel.
Das waren mir zu viele
Umdrehungen.
Angst essen Seele auf.
Zu viele Baustellen.
Angst , niemals Mama werden
zu dürfen.
Angst , dass das Geld nicht
reicht.
Angst, die Icsis nicht mehr
bezahlen zu können.
Angst ,sich wegen dem
Kinderwunsch zu verschulden.
Angst dann unser Häuschen zu
verlieren.
Angst krank zu sein, weil der
eigene Körper nicht zu funktionieren scheint.
Angst vor einer weiteren
Fehlgeburt.
Angst ,die Termine nicht mit
den Dienstzeiten vereinbaren zu können.
Angst,das der Chef was merkt.
Angst dann die Arbeit zu
verlieren.
Angst zuviel Zeit zu
verlieren, weil mit 40 die Fruchtbarkeit in den Keller sinkt.
Angst vor dem was noch kommt
und
mindestens genauso viel Angst
vor dem was vielleicht nicht mehr kommt.
Völlig entkräftet offenbarte
ich meinem Hausarzt meine Behandlung.
Erzählte von meiner erneuten
Fehlgeburt. (Hatte auf natürlichem Weg auch schon eine!).
Ich weinte und erzählte
alles. Die Behandlung, die Methoden und von der Hoffnung sowie meinem aktuellen
Gemütszustand. Das mir alles über den Kopf wächst. Das die Arbeit mich zur Zeit auffrisst, das ich mich den
Anforderungen zur Zeit nicht gewachsen fühle. Das ich eine tiefe Angst in mir
habe, das die unzähligen Überstunden und ständigen kurzen Schichtwechsel mein
Prolaktinwert wieder so in die Höhe knallen, das ich gar nicht erst schwanger
werde oder das Baby wieder verliere. Das ich aber nicht kündigen kann, weil ich
ja das Geld für die Behandlung brauche und später für das Baby. Das ich eben
aufgrund meines Alters hier und jetzt handeln muss und nicht für alles noch 10
Jahre Zeit bleibt. Das ich Angst habe, aufgrund der komplizierten Umstände
meine Chance Mutter zu werden verpasse.
Das ich einfach manchmal nur
einschlafen möchte und erst wieder aufwachen, wenn der ganze Sturm vorbei ist.
Alles was ich zur Antwort
bekam war folgendes…
„Ich habe mir jetzt alle ihre
Sorgen angehört und sehe auch ,das es ihnen alles andere als gut geht, jedoch
stellt sich mir eine Frage, warum erzählen sie mir das alles? Ich kann auch
nichts für sie tun!???!!?? …….Ich kann sie ja nicht auf ewig krankschreiben!
Er hatte mich völlig falsch
verstanden. Oder er wollte mich nicht verstehen. Und das verstand ich wiederum
nicht!
Mein Bruder hatte mich noch
gewarnt. Ich solle ihm nicht die Wahrheit sagen ,ihm irgend eine Geschichte
erzählen, damit er mich für ein paar Wochen aus dem Verkehr zieht.
Aber genau darum ging es mir
ja nicht. Natürlich auch ein paar Tage Ruhe, jedoch nicht nur! Das war ja nicht
die Lösung, ich fühlte ja, das ich Hilfe brauche. Ich sah es überhaupt nicht
ein, mir irgendetwas auszudenken. Ich bin immergerade aus. Ich sage immer was
ich denke, klingt nicht immer wie Musik, aber es ist eine sehr ehrliche Art.
Und das wünsche ich mir auch von meinem Gegenüber .Außerdem darf man ja wohl
von einem Arzt Empathie erwarten. HARR HARR:
Ich erklärte, dass das auch
nicht mein Problem sei. Ich wünschte mir etwas, wo ich wieder Kraft tanken
kann. Einen oder mehrere Lösungsvorschläge, die ich vielleicht vorlauter Kummer
gerade selbst nicht erkennen kann. Eine Selbsthilfegruppe. Techniken, die es
mir ermöglichen wieder klar zu denken, keine
Medikamente. Irgendetwas, was ich tun könnte, um aus diesem Strudel wieder
herauszukommen.
Das ich mir im Leben nichts
antun würde, das er das bitte nicht falsch verstehen möge, ich jedoch immer
öfter denke, wenn ich einfach einschlafe und nicht mehr aufwache… dann hätte
ich keine Probleme mehr!!!
Seine antwort darauf….
…ich hatte mal einen 25
Jährigen Patienten, der hat sich nachher in den Kopf geschossen, da kann man
nichts machen!!!!!?????
Ich halte generell nichts
davon, wenn man sich auf eine Sache so versteift!!!
Auch diese ganzen
Behandlungsmethoden unterstützt er nicht.
Die Fehlgeburten sagen doch
alles!!!
Wie viele hilflose Kinder
gebe es in Deutschland, um die sollte man sich zuerst kümmern und adoptieren!!!???!!
Man solle sich generell mal
Fragen, warum man unbedingt ein Baby haben möchte?!! Man solle erst einmal
herausfinden, ob man nicht eher versucht ein anderes Problem zu verlagern um
z.B. ein HELFERSYNDROM auszuleben!!!???
DAS ALLES SAGTE MIR DER
MÄNNLICHE HAUSARZT, DER GLEICHZEITIG IM HINTERGRUND DIE GANZE ARZTPRAXISWAND
MIT DEN FOTOS SEINER DREI!!! GESUNDEN KINDER ZUGETACKERT HAT!!!!
Mit letzter Kraft wehrte ich
mich gegen die Behauptung “Helfersyndrom“, indem ich erklärte, das das ja nun
kein Phänomen sei einen Wunsch in sich zu tragen eine Familie zu gründen, dies
liege doch in der Natur des Menschen!!!
Daraufhin bekam ich 2 Wochen
„frei“ und fühlte mich nach diesem Arztbesuch noch viel kranker und schlechter
als vorher. Ich wusste dass nur ein gelber Zettel nicht meine Probleme löst.
Ich fühlte, ob ich zu Hause blieb oder Peng.
Ich fühlte mich einfach nur
unverstanden nutzlos, wertlos, kraftlos.
Ich fühlte mich, als wolle
man mir unterstellen, ein bisschen frei zu bekommen, damit ich meine Sachen
regeln kann. Und genau so war es nicht! Ich bin alle 5 Jahre mal 2 Tage
krankgeschrieben, sonst schleppe ich mich immer zur Arbeit in meinem mir
selbstauferlegten Pflichtbewusstsein. Es kratzte an meinem Ego, weil es einfach
nicht stimmte.
Eine ganze Woche verkroch ich
mich im Dunkeln unter meine Decke. Aß kaum was, und fühlte mich elendich schwer
im Herzen. Es sah so aus als Käme ich da nie wieder raus.
Zusätzlich machte ich mir
noch solche Gedanken, warum der Arzt so schrecklich reagiert hat. Wie kann es
angehen, das ich mich kranker fühle als vorher.
Wie kann es angehen, das
solchen Menschen und anderen, wie z.B. der Exchef meines Schatzes immer wieder
die Sonne aus dem Hintern zu scheinen scheint.
Hätten wir diesen Kinderwunsch
nicht- hätten wir diese Probleme nicht.
Wir hatten das Gefühl wir
ruinieren uns seelisch, körperlich, finanziell und beruflich für diesen einen
großen Wunsch, ohne zu wissen, ob sich dieser eines Tages überhaupt noch
erfüllt.
Wer von sich behauptet, dass
man die Kinderwunschbehandlung im Vorbeigehen ohne Blessuren in der Seele
wegsteckt, der ist diesen Weg einfach noch nicht gegangen…und ich stelle mir
die Frage, warum ausgerechnet die, die in Sachen Verständnis die größte
Nachhilfe benötigen, das ausgerechnet diesen Leuten solche Lektionen des Lebens
erspart bleiben!
WTF!!!
Nach einer Woche schleppte
ich mich zu einer Geburtstagseinladung, zu alten Bekannten, die wir über 10
Jahre nicht gesehen hatten.
Auf dem Weg dorthin bekam ich
eine Nachricht von einer so genannten Freundin. Übrigens die gleiche, bei der
wir uns rechtfertigen durften, warum wir denn unter diesen Umständen in den
Urlaub fahren würden. SIE würde das auf gar keinen Fall machen. Richtig SIE.
Aber ich bin nicht SIE. Ich bin ich und mit 40 wage ich es zu behaupten schon
reif genug zu sein, eigene Entscheidungen treffen zu können!!!
Auf jeden Fall schrieb sie
nur diesen einen Satz:
Herzlichen Dank für die Info
das dein Mann wieder einen neuen Job hat!!!
Nachrichtenende.
Ich war fix und alle, hatte keine
Kraft für solch sinnlose Vorwürfe, zumal mein Mann gerade mal lächerliche 4
Tage in der neuen Firma gearbeitet hat.
Ich weiß nicht, wie man sich
in den Augen der Menschen an Ansehen verliert, wenn man mal so traurig ist wie
zu diesem Zeitpunkt. Auf jeden Fall sind es Menschen, die sich an den Problemen
anderer aufwerten, in dem sie gebraucht werden. Wenn man dies dann nicht in
vollem Umfang nutzt, sind sie auch noch beleidigt. Ich definiere Freundschaft
definiv anders. Und es war eine Frechheit, was sie da schrieb. Nur an diesem
Abend hatte ich weder Nerv noch Kraft für Kontra. Sie bekam ein paar Tage
später ihr Fett weg von mir. Irgendwann reicht es auch mal everybodys Depp zu
sein. Es bedurfte zwei auf den Punkt gebrachte kleine Sätze, dann war sie ganz
klein mit Hut.
Lassen wir das. Ich könnte
ganze Bücher mit nicht so schönen Dingen füllen.
Aber das gehört hier nicht
her. Wie gut das ich wirklich viele Liebe und echte Freundschaften pflege und
das nicht alles ist, was ich an sozialen Kontakten habe.
Auf der Feier angekommen brach ich dann auf die Frage wie es mir geht
in Tränen aus.
Und da waren in diesem
Gespräch zwei so easy leichte und unkomplizierte Ideen, wie man das ganze Drama
abmildern könnte, das ich es auf einmal sah… ein kleines Licht der Hoffnung.
Das war alles was ich benötigte, um wieder etwas Leben in meinen Körper strömen
zu lassen.
Es war zwar nicht alles
wieder gut, aber ein paar von den schweren Steinen auf meiner Seele wurden
durch ein einfaches Gespräch weggeräumt und ich konnte endlich mal wieder etwas
freier atmen.
Wenn Du die Ruder deines
Lebens verlierst und dein Lebensschiff unkontrolliert durch die Gegend
schippert, sorge dafür, das du wieder
der Kapitän deines Lebensweges wirst und nicht andere dich in eine Richtung
rudern, in die du gar nicht möchtest.
Es ist völlig egal auf welche
Art von A-Löchern du im Leben triffst, solange du dein Lebensruder in der Hand
behältst und wenigstens ein Stück weit selbst bestimmst was mit dir passiert
und was nicht.
So nahm ich meine Lebensruder
wieder selbst in die Hand.
Ich hielt sie nur fest,
nichts weiter. Und endlich hörte ich auf mich in Höchstgeschwindigkeit im Kreis
zu drehen. Allein, das war schon eine Wohltat.
Und ich ließ mir Zeit soviel
ich wollte und mir sicher war, in welche Richtung es weitergehen sollte.
Noch so viele Dinge gingen
schief und taten weh. Und noch so viele unglaubliche Dinge passierten in den
wenigen Wochen. Die Pechsträhne riss einfach nicht ab.
Aber es gab einen Unterschied
zu vorher.
Ich versuchte
Tagesformabhängig mich gegen das seelische Ertrinken zu wehren. Mein Lebensboot
schaukelte wie wild und es war eine der stürmischsten Fahrten meines Lebens –
viele Wochen lang.
Aber ich kenterte nicht mehr!
Und ich nahm auch niemanden
mehr in diesem Boot mit, der mir nicht gut tat .
Und dann irgendwann ruderte ich ganz langsam los, mit neuem Mut
und Hoffnung auf den Weg zu unserer nächsten ICSI.
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