Nachdem der Besuch
für mich gründlich in die Hose ging, wollte mein Schatz mir eine Freude machen
und diesen Tag nachholen.
Wir verabredeten uns
mit einem befreundeten Pärchen und gingen extra zu einem anderen
Weihnachtsmarkt.
Ich trank
Fliederbeerpunsch, die anderen Punsch mit Schuss. Ich hatte keine Beschwerden,
fühlte mich gut. Es gab keinerlei Anzeichen, dass irgendetwas nicht stimmte.
Die Freunde wussten
auch Bescheid über unserer Behandlung.
Als ich dann
Fliederbeersaft trank und das Gesicht verzog, fragten sie lieb und vorsichtig
nach …und wir bestätigten, das es wieder geklappt hat und wir sehr glücklich
darüber seien. Wir würden aber beide mit beiden Beinen fest auf dem Teppich
bleiben und wüssten, da die Gefahr ja noch nicht vorüber sei. Wir wären auf
alles gefasst.
Was man immer so vor
sich hin sagt und vor allem glaubt man auch was man sagt.
Bis es anders kommt.
Aber solch Geschichten schreibt nur das Leben. Und die sind teilweise
knallhart.
Wir stießen mit
unseren Bechern auf unser Glück an und natürlich freuten unsere Freunde sich
für uns. Sie kannten ja auch schon das erste Drama.
Ganze 20 min. waren
wir erst auf dem Weihnachtsmarkt.
Während wir noch
lachen und so reden merke ich, das irgendetwas läuft.
Ich will nicht gleich
alle verrückt machen. Wir wollten eh grad weiter, also sage ich,ich müsse kurz
auf Klo. Durch Zufall war gleich eine vor Ort, also rein da.
Ich hatte schon so
ein Gefühl und zitterte und dachte noch so…lieber Gott bitte nicht…tu mir das
bitte nicht wieder an…nicht schonwieder…und da war es wieder!
Alles voller Blut,
viel mehr als bei der ersten Icsi. Ich schob gleich ne Kapsel Progesteron
hinterher, wimmerte und war so schnell ich konnte aus dem WC draußen. Die
anderen standen sich lachend unterhaltend vor dem Eingang. Bis ich da schreiend
rausgelaufen kam. Mein Mann total geschockt gefragt was los sei , ich weinte
nur schonwieder…schonwieder…es ist schonwieder passiert!!!
Unsere Freunde
reagierten blitzschnell.. raus aus der Menschenmenge…zum nächsten freien
Platz…Dank Taxi App, schnell Taxi geordert.
Weinend und geschockt
standen wir von einer Minute auf die andere am Straßenrand.
Doch ich wusste es
war vorbei. Ich fühlte es. Mir lief mitten auf dem Weihnachtsmarkt schon soviel
Blut heraus,das ich allen Ernstes vor allen Leuten mitten im Gemenge durch die
Jeans durchblutete. Ich fühlte mich einfach nur erniedrigt und beschämt.
Beschmutzt und von Gott verlassen. Das kam so plötzlich von einer Minute auf
die andere so schnell, das es sich wie ein schlechter Traum anfühlte .Es war
aber leider kein Traum. Es war ein war gewordener Alptraum.
Ich war so geschockt
und bestürzt und ich schämte mich, allen den Abend verdorben zu haben.
Mein Mann und ich
fuhren ins nächstgelegene Krankenhaus .Unsere Freunde fuhren auf unseren Wunsch
hin nicht mit. Das wollten wir keinem antun.
Wir kamen beim
Krankenhaus an, ich stand auf und es lief noch schlimmer als vorher, alles
durch die Hose durch. Das werde ich mein ganzes Leben lang nicht vergessen. Ich
hab schon öfter davon gehört, das Frauen, so ihr Baby verloren haben durch so
eine starke plötzliche Blutung. Ich habe nie an der Wahrheit gezweifelt. Aber
es selbst erleben zu müssen ist noch einmal etwas ganz anderes.
Der Alptraum ging
weiter.
Wir waren zwar im
nächstgelegenen Krankenhaus angekommen, aber diese hatte keine Gynäkologie!!!!!
Also riefen die kurzerhand einen Rettungswagen, der mich zum nächsten
Krankenhaus fahren sollte. Wir hatten keine Krankenkassenkarte, kein Perso und nix mit. Was soll man damit auch auf dem
Weihnachtsmarkt? Normalerweise…
Wir wurden trotzdem
sehr nett behandelt.
Statt meinen
Weihnachtsmarktabend nachzuholen und leckere Kleinigkeiten zu naschen und eine
schöne Zeit mit meinem Mann und unseren Freunden verbringen zu dürfen, wurde
ich nun mit Blaulicht quer durch die Stadt am Weihnachtsmarkt vorbei zum
nächsten Krankenhaus gefahren. Und das 10min. nachdem wir feierlich verkündet
haben, das es wieder geklappt hat. Ein unfassbar schlechter Film.
Mir liefen die Tränen
übers Gesicht und ich konnte diesen Alptraum gar nicht fassen. Ich hatte ja
noch nicht einmal Schmerzen! Gar nichts! Noch nicht einmal ein ziepen.
Ich wäre die letzte
gewesen, die bei irgendeiner Ungereimtheit das Bett verlassen hätte.
Immer wenn ich die
Sirene eines Rettungswagens höre, denke ich immer kurz “Gott schütze Dich“, das
habe ich mir im Laufe der Jahre so angewöhnt.
Nun lag ich zum
allerersten Mal selbst auf dieser Liege und die Sirene heulte.
Und ich hoffte, das
diesmal irgend ein Mensch da draußen , der das hörte für uns ein liebes Wort
nach „Oben“ schickte.
Außerdem kam ich mir
wieder einmal unendlich bescheuert vor. Soviel Alarm
und soviel Gewese um
wahrscheinlich „wieder nichts“ war ein schmerzhaftes Gefühl.
Aber unser Wunschbaby
brauchte Hilfe, dafür wollten wir nichts unversucht lassen und dafür muss man
sich eben so zeitnah wie möglich in ärztliche Hände begeben.
Es kam jegliche Hilfe
für unseren absoluten Wunschkrümel zu spät. Im Gegensatz zur ersten
Schwangerschaft, war auf dem Bildschirm vom Baby nichts mehr zu sehen. Keine
embryonale Anlagen nichts. Es war alles innerhalb von den lächerlichen paar
Minuten rausgespült.
Ich war wie
versteinert. Mein Mann auch total geschockt.
Ich dachte an den widerlichen
Typen, der mich so verbal angegriffen hatte und dachte, der könne ja nun
zufrieden sein,das so was wie ich sich anscheinend wirklich nicht vermehrt. Ich
hoffte ,er würde träumen ,was passiert ist und an seinem schlechten Gewissen zu
Grunde gehen.
Ich musste noch ein
paar Stunden dort bleiben, denn sie wollten wissen , ob ich irgendwelche
Antikörper bilden würde. Es war mir zu dem Zeitpunkt völlig egal, blieb aus
Vernunft aber trotzdem.
So lag ich die Zeit
des Wartens in einem Krankenhausbett mitten auf dem Flur und ließ das ganze
Jahr versteinert Revue passieren. Was hatten wir nur verbrochen, das dieses
Jahr ,in dem wir uns nach 10! Jahren das Jawort gegeben hatten so unfassbar
schlecht für uns lief.
Ich fing ganz leise
die Melodie von Phillip Poisel zu singen und anzupassen…wie soll ein Mensch das
ertragen, alle Tage zu flehn……ohne es einmal zu schaffen …dir in die Augen zu
sehen…..dich in die Arme zu nehmen….wie soll ein Mensch das ertragen, auch den
eigenen Mann so hilflos leiden zu sehn…
Wie soll ein Mensch
das ertragen? .....schweigen
Wie soll ein Mensch
das ertragen? .....schweigen
Wie versteinert
summte ich vor mich hin,mein Mann und ich hielten die Hand des anderen.
Und dann hatte ich
das Gefühl, es saßen kurzfristig drei Leute bei mir am Bett, keine Ahnung wer.
Irgendwelche lieben
Menschenseelen oder Engel oder sonst irgendwas. So eine Art Schatten. Mir war
das völlig egal. Ich war ganz ruhig. Ich kann das auch nicht erklären. Es
klingt auch ziemlich ausgedacht, wie alles was ich bisher in meinem Blog
schrieb- ich wünschte es wäre so!
Diese drei Wesen die
ich glaubte irgendwie nebenbei wahrzunehmen, strahlten einfach nur Traurigkeit
und Betroffenheit aus. Es war kein Gefühl von, Kopf hoch, eines Tages wird
alles gut. Es war eher ein Gefühl von….es sollte so sein.. es ist sehr traurig,
aber weil es eben nun auch zu spät sei, könne man einfach nichts mehr machen.
Es ist jetzt so wie es ist, und das machte diese Wesen traurig und bedrückt.
Ich will auch nicht
weiter darauf eingehen. Ich hab mit Esoterik auch nix am Hut.
Aber ich akzeptiere es
schon und kann mir auch vorstellen, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde
gibt, die wir nicht erklären können. Warum auch nicht.
Viele glauben ja auch
daran, eine Kinderseele zu empfangen ect. .Warum sollen dann nicht auch drei
schattige Gestalten kurzfristig aus dem Konzept gebracht werden und an meinem
Bett hocken um einfach Mitzufühlen.
Mal abgesehen von
diesem seltsamen Moment merkte ich aber eine Veränderung in mir. Aus der
verzweifelt flehenden und vor Seelenschmerz weinenden Schuschu wurde nachdem
mir das schonwieder passiert ist ein Stein. Dabei ging es in erster Linie nicht
darum,das wir unser Baby wieder verloren hatten ,sondern um die Art und Weise!
Ausgerechnet auf dem
Weihnachtsmarkt kurz vor Weihnachten, meinem liebsten Fest??? Uns alles wieder
zu entreißen, wofür wir so gekämpft haben?
Ich fühlte mich vom
Schicksal dermaßen verschei…., das ich nur noch Spott für diesen schlechten
Regisseur dieses Horrorfilms übrig
hatte. Ich war diesmal nicht von Trauer zerfressen sondern von Wut. Ich fragte
mich immer wieder, warum auf so eine harte Art und Weise?
Hätte es nicht genügt
im stillen Kämmerchen zu Hause mit meinem Mann festzustellen, das wieder etwas
nicht stimmt? Wie wäre es mal mit Privatsphäre???
War das wirklich
nötig, nach allem was wir dieses Jahr durch haben, solch eine Showeinlage
daraus zu machen??? War es wirklich nötig das ich mitten auf dem
Weihnachtsmarkt in einer Sturzblutung vor allen Leuten durch die Jeans durch
unser Baby verlieren muss- SCHONWIEDER???
Das Schicksal ist
nicht nur ein mieser Verräter, es ist manchmal das Allerletzte.
Ich war in meinem
ganzen Leben noch nie so wütend, noch nichtmal auf diesen dummen Vogel vom
Weihnachtsmarkt.
Ich war so voller
Wut, das ich zynisch Weihnachtslieder zu Hause sang. Fröhöliche Weihnacht ÜBERALL!!! Und dabei rief
ich Schatz, lass uns Plätzchen backen, es ist Weihnachten und rührte ziemlich
übertrieben in den Töpfen rum…
Ich sagte zu meinem
Mann ,komm lass uns Tanzen.. das Leben sei so wundervoll leicht und das
Schicksal meine es nur gut mit uns….irgendwann hörte ich mit diesem Sarkasmus
auf und trat gegen Türen und schlug mit Fäusten gegen die Wände. Ich rastete
aus wie eine Verrückte. Nach 5 Minuten war der Spuk vorbei und ich ging zur
Tagesordnung über. Ich hatte so eine unbändige Wut in mir, auch nach ein paar
Wochen noch. Und immer wieder ging es nur und das eine! Nicht das wir unser
Baby verloren haben , sondern wie!!!
Ich bin wirklich
gläubig.aber ich war so was von wütend ,das ich sogar nach oben zischte
“Hauptsache Dein Sohn steht immer wieder auf“!!!
(Dafür habe ich mich
längst in mehreren Gebeten entschuldigt).
Ich bin nur ein
Mensch kein Fabelwesen. Es tut eben einfach unfassbar weh und ich konnte mit
diesem Schmerz nicht anders umgehen.
Darum hoffte ich auch, dass die Feiertage bald endlich
rum wären. Ich wollte das hinter mir haben.
Ich weiß nicht wie
ich es schaffte Geschenke für Nichten und Neffen zu kaufen. Sie sollten nicht
darunter leiden, das war der einzige Grund, warum ich schaffte mich
aufzuraffen.
Es war so ziemlich
das traurigste Fest, was wir je miteinander erlebt haben.
Als mein Mann mir
Heilig Abend einen Engel in stillen Gedenken schenkte brachen wir beide in
Tränen aus. Es war ein sehr schönes Geschenk, denn es brachte soviel zum
Ausdruck. Das auch er sehr trauerte und litt, das auch dieses Baby, egal wie
winzig ein Teil unseres Lebens ist und dazu gehört. Genauso wie das erste.
Es kam Sylvester und
wir feierten nicht. Wir fuhren still und leise an die Ostsee an den Strand und
waren umgeben von frischer Luft ,hatten ne Flasche Sekt dabei und schauten wie
alle Feuerwerkskörper in die Luft schossen und genossen das große Feuerwerk.
Auf ein besseres
glücklicheres Jahr 2015
Auf das wir schnell
über alles hinwegkommen und nicht mehr diesen starken Schmerz in uns spüren.
Wir schossen ein paar
Glücksraketen in die Luft, für jedes Baby eine und eine dritte für alles Gute
was im neuen Jahr kommen mag.
Dann fuhren wir
gemütlich nach Hause und aßen einen Berliner im Bett und guckten noch ein bisschen
Sylvester TV.
Und ich schwor mir im
nächsten Jahr mehr zu leben. Egal was das Schicksal noch für Bolzen für uns bereithält.
Ich möchte meinen
Mann nie wieder so leiden sehen müssen!
Ich möchte für lange
Zeit nicht mehr so lange am Stück und
immer und immer wieder so traurig sein müssen!
2014….
Es wird nie mehr sein
wie es war!
Vergesst meinen Namen
!
Vergesst wer ich
war!!!!!
Au au revoir!!!!
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