Es war an einem Sonntag…
Wir fuhren nach einem Spaziergang
an der Ostsee noch einmal in unsere Hochzeitskirche zum Gottesdienst und
natürlich bedankten wir uns im Stillen für alles.
Dieses Progesterongel sucht
sich ja nun auch mal irgendwann seinen Weg wieder nach draußen und so dachte
ich mir nichts bei dem Gefühl, das da etwas „herauslief“.
Im Anschluss an die Kirche
wollten wir schön zum Griechen Essen gehen und machten uns dementsprechend auf den
Weg.
Wir bekamen die Speisekarten
und ich sagte meinem Mann,er solle sich schon mal etwas aussuchen ich ginge nur
kurz schnell wohin.
Auf Toilette traf mich dann
der Schlag!
Es war nicht das
Progesterongel, was herauslief!
Ich blutete und geriet in
absolute Panik.
Ich rannte die Treppen hoch
und erklärte panisch meinem Mann, dass wir sofort ins Krankenhaus müssen!!!
Beide geschockt verließen wir
fluchtartig das Restaurant und fuhren so schnell es ging in das nächste
Krankenhaus.
Ich weinte und schmiss gleich
noch einmal Progesteron in Kapselform hinterher,
einfach für das Gefühl irgendwie von außen Helfen zu können.
Mein Mann fuhr sehr schnell,
doch die Fahrt kam mir trotzdem wie eine
Ewigkeit vor.
Im Krankenhaus angekommen
wurden wir trotz Bereitschaftsbesetzung sehr nett empfangen und brauchten auch
nicht so lange zu warten.
Dann auf dem Stuhl, die
üblichen Untersuchungen wo die Blutung überhaupt herkommt.
Sie kam nicht aus der
Gebärmutter und sie sei auch laut Ärztin schon wieder abgeklungen.
Das sei schon mal gut! AUFGEATMET!
Dann Ultraschall. Mein Mann
und ich krallten unsere Hände ineinander voller Angst vor einer schlimmen
Nachricht.
Und dann ging es zu wie in
einem Horrorfilm.
Immer wenn die Ärztin, die
Gebärmutter auf dem Bildschirm vergrößern wollte, verschwand das ganze Bild!!! Ein
schwarzer Bildschirm!!! Das ging ein paar mal so! Ich fragte ob das öfter
vorkommt? Die Ärztin erklärte, dass sie das ganz ehrlich noch nie erlebt hätte
und entschuldigte sich.
Es funktionierte nicht, egal
wie oft sie es versuchte!
Dann fuhr sie allen ernstes
das ganze System runter und lud es noch einmal hoch um diese „Störung“
eventuell beheben zu können.
Unsere Hände waren immer noch
vor Angst fest ineinander gekrallt.
Es war ein einziger Alptraum
und eine so unrealistische Situation, das man dachte dies kann unmöglich war
sein!
Nach dem „System aus an
Versuch“ funktionierte das ganze Ding endlich wieder! Was für ein seelischer
Stress.
Und da war das Kügelchen!!!
Fruchthöhle schön rund, wenn
auch n bitten lütt- aber das war ja bekannt.
Baby noch da. Gott sei Dank! Alles
soweit in Ordnung!
AUFGEATMET!!!
Mein Mann war sehr
erleichtert- ich aber nicht!!!
Warum?
Ganz einfach. Ich war zwar
froh Baby noch da usw. aber etwas stimmte nicht, das fühlte ich. Es fehlte etwas.
Etwas was man zum Leben braucht.
Es war der Herzschlag, den ich
am Monitor nicht erkennen konnte.
Das umwerfende kleine
Flackern unseres großen Wunders.
Und dann fragte ich, ob sie
einen Herzschlag sehen könne?
Momentan nicht…aber das könne
mal vorkommen, dass man das noch nicht sieht, das müsse nichts heißen.
Ich klärte die Ärztin auf, dass
dieser in anderen Untersuchungen schon festgestellt wurde.
Daraufhin ein …achso…. und dann
suchte und suchte und suchte sie wirklich mühevoll und gründlich.
Minutenlanges Schweigen. Zwischendurch
Treffen sich die Blicke meines Mannes mit meinen, pure Angst in den Augen- die
Hände noch immer ineinander gekrallt.
Die Ärztin stellt fest, sie
könne den Herzschlag nicht feststellen, aber es sei auch ein sehr altes Gerät
mit sehr undeutlichem Bild. Es sei durchaus möglich, dass alles in Ordnung sei –
wir sollen uns erst einmal keine Sorgen machen.
Zumal ja auch alles noch da
ist und nicht verformt ect…und die Blutung ja nun auch aufgehört hätte.
Ich fragte noch wie das
angehen könnte? So ein veraltetes Gerät in einem UNIVERSTITÄTSKLINIKUM?
Sie erklärte, die Klinik habe
kein Geld und nur ein hochmodernes Gerät dieser Art. Dies sei jetzt am Sonntag aber
nicht zugänglich –ihr fehle der Schlüssel???
Grundsätzlich sei es auch so,
dass die Frauen generell etwas weiter sind und die schlechte Auflösung, dann
eben kein Problem darstelle, weil dann eben alles größer sei.
Wir sollten am morgigen Tag
sowieso in die KINDERWUNSCHKLINIK.
Dort hätte man sicher die
hoch auflösenden Geräte und wir sollten erst einmal die Hoffnung nicht
aufgeben.
Mit diesen Worten wurden wir
entlassen.
Keine Ahnung wie wir es
geschafft haben ,die Nacht zu überstehen!!!
Wir wussten immer noch nicht
ob unser Baby nun noch lebt oder nicht.
Montag, ein Tag nach der Blutung.
Kinderwunschklinik.
Nach vielen Tränen und der
Erklärung was gestern passiert sei folgte die Untersuchung per Ultraschall.
Fruchthöhle noch da! Schön
rund! Baby auch noch da!
Minutenlanges Suchen und
Schweigen.
Ich frage schlägt das Herz???
„Kann ich so im Moment nicht
erkennen, aber das kann mal vorkommen!!!
Die Hände meines Mannes und
mir lösen sich, damit ich mich wieder anziehen kann. Der Doktor sagt, er hätte
schon alles erlebt und er möchte mich übermorgen noch einmal sehen und wir
nehmen auch Blut ab und dann sehen wir weiter. Es ist noch nicht vorbei.
Ich frage, kann es wirklich
mal vorkommen, dass man den Herzschlag nicht findet?
Ja, das kann wirklich mal
vorkommen!
Ich bleibe hartnäckig und
frage weiter, aber normal ist es nicht oder???
Nein , normal ist es nicht…….
Übermorgen müssen wir etwas
erkennen können, sonst handelt es sich nicht mehr um einen Zufall. Wir
telefonieren heute Nachmittag und sprechen über die Ergebnisse…
Der Rückruf:
Die Fruchthöhle war noch einmal
gewachsen. Der HCG Wert gestiegen.
Der Doktor meinte ich solle übermorgen
wiederkommen und ich solle mich inzwischen auf alles einstellen, aber er möchte
hier und jetzt noch nicht sagen, dass es vorbei sei, gerade weil er in all den
Jahren schon alles erlebt hätte.
Ich möchte an dieser Stelle
festhalten, dass ich mich rückwirkend betrachtet noch nie in meinem ganzen
Leben ängstlicher und verzweifelter gefühlt habe.
Ich habe in meinem ganzen
Leben noch nie soviel geweint. Die Angst um unser Baby und die Vorstellung, dass
es vielleicht nicht mehr lebt, zerriss mich.
Trauer und Verzweiflung kennt
jeder, aber dieser Schmerz tat richtig echt weh. Ich hatte ganz schlimme und
sich echt anfühlende Herzschmerzen und hielt es auch die ganze Zeit meine Hand
drauf. Ich lief immer wieder in unserem Haus auf und ab und rief ganz laut
verzweifelt „Lieber Gott, ich flehe Dich an! Bitte hilf uns! Bitte, wir haben solche
Angst! Wir schaffen das nicht durchzustehen!
Bitte lass unser Baby leben, es
hat es doch schon soweit geschafft!!!
Ich tu alles was Du willst! Vergib
uns, was in deinen Augen vielleicht nicht richtig war, wir machen alles wieder
gut!
Ich betete und flehte
verzweifelt stundenlang, dass doch noch ein Wunder geschehen würde. Wirklich
stundenlang, bis ich irgendwann kraftlos eingeschlafen sein muss.
Mein Mann hielt sich mit der
Vorstellung der Hoffnung seelisch am Leben und quälte sich mindestens genauso
wie ich.
Soviel zum Thema der dummen Idee,man könne sich auch nur ansatzweise auf so etwas vorbereiten.
Du liebst dieses Kügelchen von Anfang an, ganz schlimm.
Da kommt auch keine Vernunft gegenan!
Man bekommt eine leise Vorahnung davon,wie intensiv Mutter oder Vatergefühle eines Tages werden können.
Dienstag, zwei Tage nach der Blutung:
Am nächsten Tag hatte ich
ursprünglich einen Termin bei meinem Frauenarzt.
Ich sollte meinen Mutterpass bekommen.
Ich wollte gar nicht erst
hin, ging dann aber irgendwie doch. Mein Mann setzte beruflich alle Hebel in
Bewegung mich begleiten zu können. Auch er wollte noch an ein Wunder glauben.
Wieder unter Tränen erzählt
,was passiert war.
Wieder Kontrolle Ultraschall.
Wieder war alles optisch in
Ordnung.
Wieder waren Fruchthöhle und
Baby unversehrt. Keine Blutung in Sicht.
Aber eben auch kein
Herzschlag.
Auch nicht nach minutenlangem
suchen.
Mein Mann drückte noch immer
fest meine Hand als ich schon längst meinen Griff öffnete.
Einmal rief er kurz, da dort
hat doch was geflackert!
Das tat mir so sehr weh, auch
ihn so hilflos leiden zu sehen. Denn ich als Frau sehe solche Ultraschallbilder
ja öfter und dadurch wusste ich leider auch, dass dies nur mein eigener Puls war,
der für einen kurzen Moment sichtbar wurde.
Und so musste ich mir ein
erneutes „es tut mir sehr leid“ anhören und zog mich wieder an.
Statt meinem Mutterpass
erhielt ich die Papiere zur Ausschabung. Ich fühlte mich vom Schicksal absolut erniedrigt.
Ich hätte einen missed abort,
mein Körper hätte noch nicht verstanden, dass es vorbei sei und hielt an dieser
Schwangerschaft fest.
Man würde mir eine Woche Zeit
geben, dann wäre eine OP sinnvoll.
Ich soll bei stärkeren
Blutungen ins Krankenhaus, es bestünde die Gefahr, das ich verblute.
Trotzig antwortete ich, das
sei mir jetzt gerade recht.
„Das meinen sie nicht so!“…
war ihre Reaktion. Doch ich schwieg und meinte es zumindest in diesem Moment ganz genau so ,wie
ich es gesagt habe.
Die Ärztin entgegnet meinem
Mann, dass er gut auf mich aufpassen soll.
Schweigend, jeder in seiner
eigenen Trauer gefangen, fuhren wir nach Hause.
Mittwoch, drei Tage nach der Blutung:
Termin Kinderwunschklinik
Wozu soll ich da überhaupt
noch hin? Mein Mann bittet mich darum, er klammert sich an einen Krümel
Resthoffnug. Ich tu ihm den Gefallen. Auch er hat das Recht es auf seine Weise
zu realisieren.
Auf gefühlsduselige
Hoffnungsphrasen reagierte ich allerdings extrem bissig.
Also wieder Kinderwunschklinik.
Ultraschall.
Fruchthöhle noch da und schön
rund. Baby auch noch da. Klingt bescheuert, aber das war trotz allem irgendwie
tröstlich.
Keine Verformung. Keine
weitere Blutung.
Allerdings auch kein Wachstum
mehr.
Und entgegen aller Hoffnung
kein Herzschlag mehr feststellbar.
„Es tut mir sehr leid, es ist
vorbei“….
Und obwohl ich es längst
wusste, taten die Worte des Arztes sehr weh.
Sich immer und immer wieder anzuhören,
ihr Baby lebt nicht mehr war einfach to much.
Das sei richtig fies, schluchzte
ich .....wenn man den Herzschlag seines Babys
entgegen aller Prognosen kennen lernen darf und dieses dann doch noch still und
leise einfach wieder aufhört.
Wir haben soviel geweint, ich
glaub, wie in unserem ganzen Leben nicht.
Meinen Chef anrufen zu
müssen, dass ich nun nicht mehr schwanger bin gab mir den Rest. Er reagierte absolut
verständnisvoll und fühlte mit uns mit. Ich solle mich in aller Ruhe erholen, mich
aber bitte nicht verkriechen.
Genau danach war mir
eigentlich, aber ich versprach mich zusammen zu reißen.
Er hatte so toll reagiert und
trotzdem traute ich mich nicht, ihm die Kinderwunschbehandlung anzuvertrauen.
Eine Woche später wurde ich
ausgeschabt.